Der Fels ruft – Klettern in Deutschland

Die Outdoorsaison ist eröffnet! In den nächsten Monaten können wir die bunten Plastikgriffe aus der Kletterhalle wieder eintauschen – gegen die Kalklöcher in der fränkischen Schweiz, die Sandsteinrisse in der Pfalz oder im Elbsandstein und zahlreiche Nasen, Leisten, Schuppen und Taschen in vielen anderen Gebieten. Wo es sich in Deutschland am schönsten klettert, zeigt nachfolgender Überblick (zumindest als kleine Auswahl):

Fränkische Schweiz

Zwischen Bamberg, Bayreuth und Nürnberg liegt das Klettermekka „Fränkische Schweiz“. Sie besticht durch griffigen, oftmals löchrigen, hellen Kalkfels. Mit über 7.000 Routen ist sie das am besten erschlossenste Klettergebiet der Welt.

Bereits seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts trafen sich hier Kletterfreunde von nah und fern. Die Extremkletterer Kurt Albert und Wolfgang Güllich verschoben in den 80er Jahren die Grenzen des „Kletterbaren“ im Frankenjura weit nach oben. Viele der bis heute begehrtesten und schwersten Routen der Welt wurden hier erschlossen, wie z.B.:

  • Corona, 11/11+ (noch nicht wiederholt), Erstbegeher Markus Bock (2006)
  • Action Directe, 11, Erstbegeher Wolfgang Güllich (1991)
  • Wallstreet, 11-, Erstbegeher Wolfgang Güllich (1987)
  • Drive by Shooting, 10+/11-, Erstbegeher Michael Ordnung (1995)

Noch ein Grund spricht für einen Ausflug in dieses Klettergebiet: die fränkische Schweiz verfügt über die höchste Brauereidichte der Welt.

Beschaffenheit: Poröser und somit gut strukturierter Kalk. Routen in allen Schwierigkeitsgeraden (3 bis 11).
Besonderheiten: Bunte Blumenwiesen, sprudelnde Bächlein und idyllische Ortschaften: das Frankenland kommt sehr beschaulich daher. So ist es der ideale Ort zum auspannen, hart klettern und genießen.
Weitere Infos: www.frankenjura.com (mit umfangreicher Routendatenbank)

Elbsandsteingebirge

Hier wurde das Klettern erfunden – behaupten zumindest die Sachsen. Auch, wenn sich darüber streiten lässt: das Elbsandsteingebirge ist mit seinen 15.000 unterschiedlichen Wegen, 1.100 Gipfeln und äußerst vielseitiger Klettereien ein absolutes Klettereldorado.

Wer in der sogenannten sächsischen Schweiz klettern will, sollte einige Regeln beachten. Seit jeher gilt hier nämlich das Prinzip des Freien Kletterns mit folgenden Grundsätzen: Um den verhältnismäßig weichen Fels zu schonen, sind mobile Sicherungsgeräte wie Klemmkeile und Friends verboten. Das Erklettern einer Route darf nur mithilfe der natürlichen Gegebenheiten des Felsen, ohne die Fortbewegung an technischen Hilfsmitteln, erfolgen. Eine gewisse Klettererfahrung und Vorstiegsmoral sind anhand spärlich platzierter Haken in jedem Fall zu empfehlen.

Beschaffenheit: Sandstein in den unterschiedlichsten Strukturen – Klüfte, Höhlen, Sanduhren, Kamine, Spalten, Türme etc.
Besonderheiten: Das sächsische Klettern und die damit verbundenen Anforderungen an den Kletterer. Es empfiehlt sich, 1-2 Grade unter dem Leistungshorizont zu klettern.
Weitere Infos: www.gipfelbuch.de oder www.on-sight

Pfalz

Der sogenannte Pfälzerwald wird dominiert von Türmen und Massiven aus beeindruckendem, rot-orangem Buntsandstein. Für den Kletterer von Interesse ist das Pfälzer Wasgau, eine Region, die sich zwischen den Städten Annweiler, Pirmasens und Weißenbach erstreckt. Bereits seit über hundert Jahren wird an den Felsen des Wasgau geklettert; die imposanten Felsformationen erstrecken sich bis zu 60 Meter hoch aus dem Wald.

Auch in der Pfalz gilt es, einige Regeln zu beachten: Unter dem Motto „no footsteps“ werden Kletterer dazu angehalten, sich am Fels und bei der Anreise umweltbewusst zu verhalten. So darf zum Beispiel kein Magnesia verwendet werden.

Beschaffenheit: Die Kletterei im Buntsandstein ist sehr vielseitig und erfordert ein breites Spektrum unterschiedlicher Klettertechniken: Risse, Kamine, Wabenwände, Reibungsplatten, Kiesel-einlagerungen. Leider ist der Sandstein nicht immer fest.
Besonderheiten: Gerade die leichteren Kletterwege stellen oftmals eine besondere mentale Herausforderung dar: sie müssen meist selbst abgesichert werden!
Weitere Infos: www.pfalz-klettern.de

Schwäbische Alb / Donautal

Die Schwäbische Alb verbindet man gern mit Beschaulichkeit, Reihenhäuschenharmonie und gutem Essen. Dass man dort auch hervorragend klettern kann, ist weniger bekannt. Schon vor hundert Jahren wurde in der Region um Tübingen gebouldert.

Die Klettermöglichkeiten der Schwäbischen Alb werden traditionell in fünf Gebiete aufgeteilt: Lenningen (nahe Stuttgart), Urach (Region Ermstal), Blautal (rund um Blaubeuren), Ostalb und das Donautal. Gerade letzteres ist ein wahres Kleinod: hervorragende Felsqualität und eine einzigartige Landschaft überzeugen auch hartgesottene Alpinisten – schließlich finden sich hier die höchsten deutschen Felsen außerhalb der Alpen.

Beschaffenheit: Weißer, harter, griffiger Kalk, ähnlich wie in der Fränkischen Schweiz. Schwäbische Alb und Frankenjura gehören zum selben Gebirgszug, der etwa von Genf bis Hof verläuft.
Besonderheiten: Wie (eigentlich) überall in Deutschland, blieb auch in der Schwäbischen Alb der Konflikt zwischen Kletterern und Naturschützern nicht aus. Viele Felsen sind ganzjährig gesperrt. Im Donautal gelang es, die Interessen beider Seiten in einem „win-win“-Projekt zu vereinen: Vorzeigefelsen für das friedliche Miteinander von Kletter- und Naturfreunden ist der Schaufelsen. Hier wurde die starren Regelungen aufgehoben, stattdessen übernahmen engagierte Kletterer Felspatenschaften.

Tipp der Redaktion:

Von der Halle an den Fels – worauf sollte ich achten?

Die Temperaturen in der Halle werden langsam unerträglich. Als Klettereinsteiger fehlt aber bislang jegliche „Outdoor-Erfahrung“. Wie lassen sich unangenehme Überraschungen beim ersten Kletterausflug ins Freie vermeiden?

  1. Vorstiegs- und Sicherungsroutine. In der Halle das vorsteigen, richtig sichern und stürzen trainieren.
  2. Kletterführer kaufen. Er informiert über Anreise, Anzahl und Art der Kletterfelsen sowie über Länge der Routen und Anzahl der benötigten Zwischensicherungen (Expressen).
  3. Ausreichend Expressen mitnehmen.
  4. Ausreichend langes Seil mitnehmen.
  5. Steinschlaghelm anziehen. Steine und Felsbrocken können sich unter den Füßen des Kletterers lösen und gefährden alle, die unten stehen.
  6. Bequeme Schuhe mit Profil fürs Sichern. Damit beim Sichern die Zehen nicht absterben, empfiehlt sich ein paar bequemer Schuhe. Dabei ist ein gutes Profil wichtig, da der Boden unter den Felsen oft uneben oder rutschig ist.
  7. Im Zweifel fragen. Kletterer sind in der Regel ein kommunikatives und hilfsbereites Völkchen. Wer also unsicher ist oder Zweifel hat, sollte sich ruhig trauen, die kletternden Nachbarn um Rat zu fragen.
  8. Umweltbewusstes Verhalten. Viele Felsen sind im Frühjahr und Sommer aufgrund von Vogelbrut gesperrt. Hier gilt absolutes Kletterverbot. Auch sonst gilt: bitte an die Umwelt denken, Wanderparkplätze nutzen, gemeinsam anreisen und keinen Müll an den Felsen zurücklassen.

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