Canyoning – Auf dem Weg IN den Berg

Schluchtengehen, neudeutsch Canyoning, hat einen schweren Stand. Zuerst hat der Sport eine ähnliche Phonetik wie das klassische Bootfahren, also Canoeing. Und dann sind Canyonauten primär in den tiefen, einsamen Schluchten der Berge unterwegs und damit wenig visibel. Doch gerade weil der Sport sich in unwegsamem Gelände IN den Bergen abspielt ist er sehr herausfordernd: Ein Plädoyer für einen besonderen Bergsport.

„Was ist das?“ ist meistens die zweite Frage, die beantwortet werden muss, wenn der Gesprächspartner bemerkt hat das sein Wissen über Canyoning nicht sehr umfangreich ist. Eine etwas reißerische Definition liefert hier der Duden: “ als Sport betriebenes Durchwandern, Durchklettern von engen Gebirgsschluchten mit reißenden Flüssen“ (Quelle Duden). Denn es sind bei weitem nicht immer „reißende Flüsse“, in die man sich vor wagt. Oft reicht Folgendes völlig aus: „Wir werden uns in einem Gebirgsbach talwärts bewegen.“ So weit, so klar.

Aber wie läuft eine solche Tour tatsächlich ab? Gestartet wird bereits einige Tage vorher mit einer ausführlichen Tourenplanung. Hier sind Faktoren wie Beschaffenheit der Schlucht, Zusammensetzung und Anzahl der Teilnehmer und Ausrüstung ebenso wichtig wie das Wetter. Denn das Spannende an einer Canyoning Tour ist: Wenn man einmal in die Schlucht abgeseilt und das Seil abgezogen hat, dann ist man oft über lange Passagen ohne Ausweg. Nun kann jeder selbst entscheiden ob ihm hohe, schroffe und massive Felswände zu beiden Seiten eher Angst oder Lust auf mehr machen. Ein Wort muss noch über die Ausrüstung verloren werden: Jeder Canyonaut in unseren Gefilden sollte jedenfalls mit einem Ganzkörperneopren (5mm empfohlen), Socken, griffigen Schuhen, Helm&Gurt ausgerüstet sein. Das Guidematerial wie Seile, Abseilgeräte und Erste Hilfe/Rettungsausrüstung nicht eingeschlossen.

02canyoningallgaeustarzlachklammmUnd nach einer Einweisung geht es los: Dem Einstieg in die Schlucht folgt oft das Gehen im Bachbett. Hier sollte jeder Vorsicht walten lassen: Verletzungen an den Gelenken durch Abrutschen oder schnelles Herumspringen auf den Steinen im Bachbett führen schnell zum vorzeitigen Ende der Tour. Adrenalinschübe kommen bei den Teilnehmern oft bei den ersten Abseilern auf: 15m hinab an glattem Fels, durch einen tosenden Wasserfall und Ankunft in einem glasklaren Bergwasserpool treiben jedem Canyonauten die Spuren der letzten Nacht aus den Augen. Ab jetzt sind alle wach und voll bei der Sache: Canyoning ist aufregend!

Eine weitere Bewegungsart in der Schlucht ist das Springen. Wenn der Guide die Gumpe ausgetaucht und freigegeben hat, dürfen (Springen ist IMMER freiwillig) die Canyonauten den Sprung vom Fels in den Naturpool wagen. Hier werden am Absprungpunkt noch oft allerlei Fragen gestellt, bevor aller Mut zusammengenommen wird und gesprungen wird. Sprünge bei uns im Allgäu reichen von kleinen Hopsern bis in eine Höhe von über 10m!

Und das Highlight einer jeden Tour sind Rutschen. Weil diese so perfekt sind, darf man sich oft fragen, ob diese nicht in Fernost produziert und nachts heimlich in unseren Schluchten „installiert“ worden sind. Aber weit gefehlt, die Natur macht es schon perfekt, da können wir nur staunen. Und beim Rutschen geht im Prinzip alles von allein. Einmal in den Bach gesetzt erledigt die Strömung den Rest und befördert den Canyonauten ins nächste Becken. Jubelschreie inbegriffen. Selten, dafür um so spektakulärer sind Rutschen, die in einen Freifall führen und einen Extrakick geben. Canyoning ist das Abenteuer jeden Urlaubs.

canyoningallgaeustarzlachklammmAll das ist im Allgäu sehr gut möglich, da es hier in naher Umgebung eine Vielzahl von unterschiedlichen Schluchten zu entdecken gibt. Beispielsweise findet man im Osterbachtobel, auch genannt Gunzesried, eine perfekte Einsteigerschlucht. Hier kann der Gast alle Abseilstellen im Vorhinein einsehen und bei Bedarf auch umgehen. Die etwas sportlichere Starzlachklamm befindet sich am Fuße des Grünten bei Sonthofen und bietet einige Sprünge und eine 15 Meter lange Rutsche als Finale. Hier sollte man mindestens sehr sportlich sein oder bereits Canyoningerfahrung haben. Auch extremes Canyoning ist möglich: In der Kobelache sind hohe Abseiler durch rausche Wasserfälle, rasante Rutschen viele Kletterstellen zu finden. Zusammengefaßt gesagt ist das Allgäu ein perfektes Umfeld für Einsteiger ins Canyoning und Gäste, die eine sportliche Herausforderung suchen.

Alles in allem kann man sagen, dass Canyoning wohl der einzige Sport ist, bei dem man IN den Berg geht und die wunderschöne Natur aus einem völlig anderen Blickwinkel kennenlernt. Es lohnt sich jedenfalls, dieses Abenteuer auszuprobieren.

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